„Fabelwesen“
34. Deutscher Nachwuchswettbewerb für Edelstein- und Schmuckgestaltung Idar-Oberstein 2023
DAS THEMA:
„Fabelwesen"
Auch beim Nachwuchswettbewerb waren sowohl die Edelsteingestaltung als auch die Gestaltung eines Schmuckstücks mit Edelsteinen erlaubt. Somit waren ungefasste Edelsteine, der Edelstein im Schmuckstück, das Edelsteinobjekt und die Edelsteinskulptur zugelassen. Die Verwendung von Synthesen war möglich. Perlen durften nur in Verbindung mit Edelsteinen verwendet werden.
1. PREIS: Pia Edelmann, Goldschmiedemeisterin, Augsburg, URKUNDE UND 1500 EURO
Bei dieser handwerklich vortrefflichen Arbeit, die laut Jurymitglied Hannes Brandtner optisch insbesondere durch ihre vielfältigen Schattierungen besticht, handelt es sich nach Ansicht der Jury um die beste Arbeit des diesjährigen Nachwuchswettbewerbs. Die Preisträgerin: „Die Arbeit stellt einen Gargoyle dar, ein Fabelwesen, das als Vorbild für Wasserspeier der gotischen Architektur diente. Ihren Ursprung haben Gargoyles im Frankreich des 18. Jahrhunderts. Hier war von einem Drachen namens „Le Gargouille“ die Rede, der statt Feuer Wasser spie und für Überschwemmungen sorgte. Nachdem dieser vom heiligen Romanus von Rouen geköpft wurde, begann man, Drachenköpfe in Steinmauern zu meißeln, die sich dann zu den Wasserspeiern weiterentwickelten, die beispielsweise an Kirchen oder Brunnen zu finden sind.“ Jurymitglied Claudia Ballweg lobte die wunderbare Umsetzung des Wettbewerbsthemas, bei der unter Anwendung verschiedener Goldschmiedetechniken ein sehr schönes und dekorativ überzeugendes Stück entstand, zu der auch das verwendete Samtband farblich ausgezeichnet passt. Die Jury entschied mit großer Stimmenmehrheit.
2. PREIS: Philipp Munsteiner, Stipshausen, URKUNDE UND 1000 EURO
Edelsteinobjekte aus Rutilquarz, Amethyst und Citrin
„Mein Fabelwesen stammt aus der Fantasy-Geschichte „Eragon - Das Vermächtnis der Drachenreiter“, so der Preisträger. In dieser Geschichte sucht das Drachenei seinen Reiter selbst aus und der Drache schlüpft erst dann, wenn es ihn gefunden hat. Hiervon fasziniert und inspiriert kam mir die Idee, „Dracheneier“ zu schleifen. Bewegt man die Eier, bringen sie den heranwachsenden Drachen zum Vorschein. Hier zeigen sich Zähne, Krallen und Schuppen in ihrer urtümlichen Schönheit.“ Für Jurymitglied Florian Brune haben die „Dragon Eggs“ eine überwältigende optische Wirkung. Zugleich überzeugte ihn diese Wettbewerbsarbeit auch inhaltlich mit den im Inneren der Eier erkennbaren Kratzspuren und Schuppen der heranwachsenden Drachen. Die Jury lobt auch hier die herausragende handwerkliche Umsetzung des gestellten Wettbewerbsthemas und die überwältigende Kraft und magische Ausstrahlung, die die Dragon Eggs auf den Betrachter entfalten und entschied mit großer Stimmenmehrheit.
3. PREIS: Viktoria Reiche, Schülerin Mal- und Kunstschule Idar-Oberstein, URKUNDE UND 500 EURO
Edelsteinobjekt aus Labradorit
Überaus poesievoll beschreibt die junge Preisträgerin ihre Arbeit „Glücksdrache“: „Seit Jahrhunderten beflügeln Drachen die Fantasie von Menschen aller Kulturen. Beim Betrachten des Labradorits erinnerte mich das magische Schimmern des Steines an zwei Augen, die goldenen Reflektionen an Drachenschuppen. Ich sah ein zu Stein erstarrtes Glücksdrachenjunges, das ich wieder zum Leben erwecken musste. Ich sah die leuchtenden Augen und wusste, dass ich ihn aus seinem Steinmantel befreien musste, um meinen eigenen Glücksdrachen zu bekommen. Beim Betrachten habe ich das Gefühl, dass er mich persönlich anschaut und beschützt.“ Juror Florian Brune findet, dass die Arbeit durch ihre Einfachheit besticht, aus der ein Drache entsteht, der organisch und detailliert gestaltet wurde. Für Jurykollege Philipp Devaud „wurde mit dieser Arbeit das Zusammenspiel von Natur und Fabel hervorragend herausgearbeitet.“ Nach Ansicht von Jurymitglied Andrea von Goetz und Schwanenflies handelt es sich „bei diesem bezaubernden Drachen um die künstlerisch am besten umgesetzte Arbeit, die durch eine kraftvolle Edelsteinbearbeitung und Purismus zugleich besticht.“ Die Jury entschied einstimmig.
BELOBIGUNG:
Marie-Therese Sophie Hahn, Sensweiler, URKUNDE UND 250 EURO
Anhänger aus Silber und Rauchquarz
Ein in einem Rauchquarz in Handarbeit gravierter Basilisk steht im Mittelpunkt dieser handwerklich durchweg überzeugenden Arbeit. „Der Basilisk“, so die Preisträgerin, „ist ein Fabelwesen, das aus einem Hahn und einer Schlange besteht. Die Farbgrenze des zweifarbigen Rauchquarzes trennt diese beiden Lebewesen optisch voneinander. Der Blick des Basilisken ist tödlich, weshalb das Fabelwesen nur durch den Blick in den Spiegel und in das eigene Auge sterben kann, was wiederum durch die Reflexion des Basilisken an den Facetten symbolisiert wird.“ Juror Frank Frühauf war begeistert von der „filigranen Gravur dieses tollen und sehr gut tragbaren Schmuckstückes und der hervorragenden Umsetzung des gestellten Wettbewerbsthemas“. Die Jury honorierte auch die klare Formensprache und entschied einstimmig.
BELOBIGUNG:
Luba Martinov, Rodgau, URKUNDE UND 250 EURO
Ring aus Silber, teils geschwärzt mit Zirkonia
„Nova“ hat die Preisträgerin ihre Wettbewerbsarbeit genannt und erläutert: „Fabelwesen beflügeln unsere Fantasie, aber sie sind unnahbar. Sie sind übernatürlich und unserem wichtigsten Problem enthoben – der Vergänglichkeit. Nur der Phönix teilt unser Schicksal und nimmt die Vergänglichkeit als Teil seines Seins hin, um jedoch erneut aus der Asche zu schlüpfen. Das einzige sterbliche Fabelwesen wird zum Bezwinger des Sterbens und spendet uns damit ein Fünkchen Hoffnung. In dem Ring ist der Weg des Phönix aufgegriffen. Während die Flammen und das Ei aus dem er schlüpfte unscheinbar zurückbleiben, schwingt sich der goldene Vogel als Triumphator empor.“ Für Jurymitglied Hannes Brandtner „eine schöne und auffallende Arbeit, auch etwas frech, konzeptionell überzeugend und beeindruckend in der handwerklichen Ausführung mit den feuerfarbenen Steinen.“ Die Jury lobte auch hier die gute Umsetzung des gestellten Wettbewerbsthemas und entschied einstimmig.
BELOBIGUNG:
Aylin Yurtseven, Auszubildende bei Goldschmiede Willeke, Dortmund, URKUNDE UND 250 EURO
Taschenuhr aus Silber, Gelbgold, Moosachat und einem alten Zifferblatt Inspiriert von den „Alice im Wunderland“-Geschichten, deren verschiedenen Charakteren, träumerischen Landschaften und dem berühmten weißen Hasen entstand diese Wettbewerbsarbeit, die von der Preisträgerin erklärt wird: „Beim Öffnen der Taschenuhr erblickt man den Hasen, der Alice in und durch das Wunderland führt. Überall sind seine Spuren zu erkennen. In der Geschichte von Lewis Carroll bahnt sich Alice einen Weg durch die Märchenwelt, der weder frei noch gefahrenlos ist. Sie jedoch geht unvoreingenommen ihren Weg, rebelliert gegen die moralischen Prinzipien der Erwachsenen und zeigt, wie wichtig es ist, bereits als Kind seinen eigenen Weg zu gehen.“ Jurymitglied Claudia Ballweg lobte die vielschichtige, symbolträchtige und auch handwerklich gelungene Umsetzung des Wettbewerbsthemas bis ins kleinste Detail und war von der poesievollen Arbeit, die ein Gesamtkunstwerk darstelle, sehr angetan. Die Jury entschied einstimmig.
Fotos: CH-Photodesign Cornelia Heinz, Idar-Oberstein